Episode 6

Warum sollte der öffentliche Sektor stärker in Erlebnissen denken?

Die fünfte Ebene in unserem Praxisleitfaden zu menschzentrierter Digitalisierung ist das Erlebnis. Um in der komplexen Behördenwelt überhaupt ein Verfahren digitalisiert zu bekommen, wird dieser Aspekt allzu häufig einfach ausgeblendet.

Das Denken in Zuständigkeiten und Silos ist eine große Herausforderung, die das Gestalten von Erlebnissen schwierig macht. Doch wenn nun ein Team für menschzentrierte Digitalisierung in unserer Behörde etabliert wird, um das Silodenken zu durchbrechen, wird das Problem nicht zwangsläufig gelöst. Allzu schnell befindet sich die menschzentrierte Digitalisierung einfach in ihrem eigenen Silo. Wir können diese Silos nur durchbrechen, wenn wir nicht länger in Lösungen, sondern in Problemen denken.

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Barrierefreiheit

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Die Software funktioniert und sieht auch noch richtig gut aus. Wow. Die Bewerberinnen und Bewerber werden Ihnen nun die Türen einrennen. Oder? Leider nicht ganz. Die fünfte Ebene in unserem Praxisleitfaden zu menschzentrierter Digitalisierung ist das Erlebnis. Was das bedeutet, wird in unserer kleinen Anekdote anhand von Jan deutlich: Jan ist ein Jahr älter als Laura und über die Ästhetik auch alles andere als glücklich. Aber ihn stört noch etwas anderes: Bei der Einführung der Fachanwendung haben sich alle, inklusive Katrin, ausschließlich an ihrem eigenen Antragsprozess orientiert. Diese Trennung nach Zuständigkeiten ist aus seiner Sicht fatal: Das Rad wird in jedem Referat neu entwickelt. Es gibt in seiner Behörde kein gemeinsames Verständnis, wie Oberflächen strukturiert werden sollten. Er hat bereits zuvor in zwei anderen Referaten gearbeitet – die Software dort sah vollkommen anders aus. Manches war besser,manches war schlechter. Aber es gibt niemanden, der diese Erfahrungen nun einmal bündelt. Um in der komplexen Behördenwelt überhaupt ein Verfahren digitalisiert zu bekommen, wird alles andere einfach ausgeblendet. Das Denken in Zuständigkeiten und Silos ist auch bei meiner Beratungstätigkeit eine große Herausforderung, die das Gestalten von Erlebnissen schwierig macht. Doch wenn nun ein Team für menschzentrierte Digitalisierung in unserer Behörde etabliert wird, um das Silodenken zu durchbrechen, wird das Problem nicht zwangsläufig gelöst. Allzu schnell befindet sich die menschzentrierte Digitalisierung einfach in ihrem eigenen Silo. Damit landen Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit dann einfach auf der nicht mehr zeitgemäßen, statischen Anforderungsliste. Solange wir weiterhin versuchen, diese Aspekte in unsere Software einzubauen, haben wir den disruptiven Charakter der menschzentrierten Digitalisierung noch nicht durchdrungen. Wir können die Silos nur durchbrechen, wenn wir nicht länger in Lösungen, sondern in Problemen denken. Gleiche Probleme werden, egal an welcher Stelle sie auftreten, stets auf die gleiche Weise gelöst. Wir brauchen nicht mehr Digitalisierung. Wir brauchen eine passgenauere Digitalisierung. Wir müssen die gute Teillösungen einfach überall etablieren, anstatt das digitale Rad hundertfach zu erfinden. Wir sind uns hoffentlich einig: Einer für alle klingt unglaublich gut, kann aber auf nationaler Ebene in einem föderalen Land niemals funktionieren - zumindest nicht, wenn wir konsequent menschzentriert agieren. Denn dann würden wir ja wieder die Technologie ins Zentrum stellen und nicht die konkreten Bedürfnisse seitens der Menschen. Wenn also das eine für alle funktionieren soll, dann müssten auch alle in die Ausgestaltung des Einen eingebunden werden. Das wäre dann jedoch keine Nachnutzung mehr - sondern ein gemeinsames Projekt, in dem alle von Anfang bis Ende gemeinsam im Boot sitzen. Wer im Digitalen jedoch ein staatliches teile und herrsche betreibt, hat am Ende eben kein digitales Ganzes, sondern nur viele Bruchstücke. Ein bestimmtes Verfahren ist aufgrund der unterschiedlichen Gesetze und vor allem auch aufgrund der verschiedenen Arbeitsweisen und Zuständigkeiten nicht das immergleiche Problem. Immergleiche Probleme sind hingegen: Der Login, der Import, der Export, die Statistiken, das automatisierte Schreiben, die Mitzeichnung - und letztlich auch das Formular. Und dafür brauchen wir Standards - diese Probleme sollten innerhalb unserer Behörde, idealerweise sogar innerhalb unserer Bundeslandes, einheitlich gelöst werden. Daher müssen Sie sich eine weitere Frage stellen: Wer kümmert sich in unserer Behörde oder sogar in unserem Bundesland um eine einheitliche und moderne Gestaltung der eingesetzten Software?

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