Interview

Stefanie Klein

Welche Rolle hat das Themenfeld UUX in den von Ihnen durchgeführten Digitalisierungsprojekten – und wie integrieren Sie die entsprechenden Prinzipien in Ihre Entwicklungsprozesse?

Wir sind als DigitalAgentur Brandenburg im Besitz des Landes, das heißt, wir realisieren Projekte für und im Auftrag der Landesregierung Brandenburg und arbeiten an der Schnittstelle zwischen Land und Kommunen. In unseren Projekten spielt UUX bzw. die Benutzer*innenzentrierung eine wichtige Rolle, weil so sichergestellt wird, dass die entwickelten Lösungen auch (gerne) genutzt werden. Leider gehen bis heute zu viele öffentliche Projekte an den Bedürfnissen der Benutzer*innen vorbei. Teilweise liegt dies auch an den Rahmenbedingungen wie beispielsweise Gesetzen: Diese sind häufig nicht so gestaltet, dass sie den Interessen und Anforderungen der Bürger*innen gerecht werden.

User Experience muss man erleben – die Erkenntnis über den Mehrwert ist auf der rational-argumentativen Ebene schwer zu vermitteln.

Stefanie Klein
Empfehlungen für die Praxis

Momentan werden UUX-Aspekte kaum in öffentliche Projekte integriert. Daher leben wir vor, wie dies gelingen kann und versuchen, zu inspirieren. Als DigitalAgentur arbeiten wir in der eigenen Organisation benutzer*innenzentriert. Dafür stellen wir uns immer wieder die Frage: Gibt es dafür einen Bedarf? Wie sieht dieser Bedarf genau aus? Wie können wir eine Lösung dafür gestalten? Darüber hinaus vermitteln wir konkrete Methodiken und Prinzipien und unterstützen unsere Partner*innen bei der Integration.

Als ein kleines Ziel möchten wir möglichst bei allen unseren Projekten UUX-Methoden integrieren – und dabei ist durchaus auch der Spaß wichtig. Wir möchten vermitteln, dass es Spaß machen kann, Benutzer*innen zu integrieren. Wir arbeiten mit Personas, wir versuchen, die Wahrnehmung dafür zu schärfen, welche unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedene Benutzer*innengruppen haben. Wir zeigen den Mut, ergebnisoffen zu sein. User Experience muss man erleben – die Erkenntnis über den Mehrwert ist auf der rational-argumentativen Ebene schwer zu vermitteln. In interaktiven Workshops gemeinsam mit Benutzer*innen erkennen auch Verwaltungsmitarbeiter*innen den Sinn des Prozesses – so habe ich es beispielsweise in den Digitalisierungslaboren des OZG und bei verschiedenen Workshops erlebt. Das Erlebnis der Interaktion führt zu guten Produkten. Auf der kommunalen Ebene ist das stellenweise aber noch sehr herausfordernd, weil das Wissen zu den Möglichkeiten der Digitalisierung fehlt. An einigen Stellen gibt es aber erste Ansätze: Bei Bürger*innenbeteiligungsverfahren haben Kommunen die Chancen beispielsweise schon erkannt.

Aber natürlich stehen Anspruch und Wirklichkeit manchmal auch hart gegeneinander – da trifft die Grüne Wiese auf deutsches Recht oder jahrzehntelang etablierte Verwaltungsstrukturen. Da gilt es dann, im bestehenden Rahmen den besten Kompromiss zwischen Pflicht und Usability zu erzielen. Um dies zu erreichen, wollen wir unsere Partner wie die Kommunen auch befähigen. Wir vermitteln beispielsweise, wie wichtig es ist, frühzeitig sinnvolle Anwendungsszenarien zu entwickeln und sich regelmäßig mit den Benutzern und Benutzerinnen rückzukoppeln.

Wir brauchen das Feedback der Bürger*innen – im Positiven wie im Negativen. Das sollte einen größeren Stellenwert erhalten. Der regelmäßige Kontakt zur Zielgruppe ist zentral. Jedes Projekt sollte von der Perspektive der Benutzer*innen aus gedacht werden – dies gelingt durch einen iterativen Entwicklungsprozess wie beispielsweise im Design Thinking. Die Denkweisen und die Strukturen der Verwaltung bilden aktuell einen Gegenpol zu diesem benutzer*innenzentrierten Denken. Der Umstand, dass eine Lösung fertig entwickelt wurde, ist kein wirkliches Kriterium für ihren Erfolg. Es sollte immer gemessen werden, wie gut sich diese Lösung benutzen lässt, ob sie dem Bedarf gerecht wird und wie viele Menschen sie benutzen.

Wir brauchen also ein agileres Verständnis von Verwaltung. Eines bei dem nichts programmiert oder gestaltet wird, das am Bedarf der Benutzer*innen vorbei geht. Gerade im öffentlichen Sektor sollten wir es uns nicht erlauben, schlecht funktionierende Dinge zu entwickeln. Denn dadurch, dass wir uns mit den Benutzern und Benutzerinnen beschäftigen, wird es am Ende auch für die Verwaltungsmitarbeiter*innen einfacher. Das ist dann langfristig für beide Seiten effizienter und somit auch nachhaltiger! Und eines ist ebenfalls sicher: Wenn die Anwendungen gut und leicht zu bedienen sind, steigt die Zufriedenheit bei allen!

Foto von Stefanie Klein

Stefanie Klein bringt ihr Wissen als Konzepterin und UX-Expertin besonders gerne im öffentlichen Sektor ein. Als Regionalleiterin bei der DigitalAgentur unterstützt sie insbesondere die Kommunen dabei, die Chancen der Digitalisierung für sich und ihre Bürger*innen zu nutzen.

Stefanie Klein
Regionalleiterin
DigitalAgentur Brandenburg GmbH

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