Interview

Dr. Oliver Märker und Katja Fitschen

Welche Erfahrungen haben Sie bei der Neugestaltung des Social Intranets der Landeshauptstadt München mit dem Einsatz einer Beteiligungsplattform gesammelt?

Es war ein Projekt mit Fokus auf eine Beteiligung der Mitarbeiter*innen. In der Konzeptionsphase haben wir festgelegt, dass der Beteiligungsgegenstand nicht nur funktionale Wünsche an das Intranet sein soll, sondern auch die Frage des Nutzungskontextes: Wie wollen wir miteinander kommunizieren und wie wollen wir miteinander arbeiten? Welche Kommunikations- und Kooperationskultur wollen wir?

Wie wollen wir miteinander kommunizieren und wie wollen wir miteinander arbeiten?

Dr. Oliver Märker und Katja Fitschen
Empfehlungen für die Praxis

Für die Beteiligungsplattform konzeptionierten wir einen Prozess mit dem Ziel eines strukturierten und themenbasierten Dialogs, aus dem sich dann ein Pflichtenheft ableiten ließ. Bereits die Beteiligung selbst stand für den Kulturwandel, der auch durch das neue Intranet angestoßen werden soll. Wir haben auf der Beteiligungsplattform daher auf drei Ebenen gearbeitet: Es ging um technologische, prozessuale und emotionale Aspekte, die mit der Neugestaltung des neuen Intranets verbunden waren.

Grundlage des Prozesses waren unsere Konzepte und positiven Erfahrungen aus der Bürger*innenbeteiligung. Hier zeigt sich immer wieder, dass zu komplexen Themen Lösungen nur gefunden werden, wenn man sie partizipativ sucht, also Konzeptionierungs- und Planungsprozesse frühzeitig auch für die Perspektive der zukünftigen Benutzer*innen öffnet. Diese (teilweise) Öffnung von Planungs- und Entscheidungsvorbereitungsprozessen ist dabei zugleich immer Teil eines Kulturwandels. Daher sind nicht immer alle handelnden Akteure überzeugt. Aber auch in München war es so, wie wir es in vielen Kontexten beobachten: Es gibt zentrale Multiplikatoren, die den partizipativen Wandel vorantreiben und unterstützen.

Bei einem guten Projekt ist die Beteiligung integraler Bestandteil des Projektes mit klar definierten Beteiligungsoptionen und -pausen. Das Ziel ist immer die starke prozessuale Einbindung und Verwebung mit dem jeweiligen Planungs- und Entscheidungsvorbereitungsprozess: Dabei werden sowohl Beteiligungsfragen als auch das Feedback sowie Beteiligungsergebnisse in die weiteren Planungen einfließen und welche fachlichen Lösungen im Anschluss entwickelt werden in die Sprache der Zielgruppen übersetzt.

Wir versuchen den Prozess so zu gestalten, um möglichst viele (unterschiedliche) Perspektiven und Anspruchsgruppen einzubinden. Daher arbeiten wir mit einer Methodenvielfalt, indem wir beispielsweise Online-Formate, Workshops und die Arbeit vor Ort miteinander kombinieren. Es geht also darum, im Netz oder vor Ort gute Dialogformate anzubieten, um Mitarbeiter*innen oder Bürger*innen durch Methodentriangulation innerhalb crossmedialer Verfahren einzubinden. So erhalten wir Zwischenergebnisse und wechseln dann das Format, gehen in eine andere Fragestellung und in eine andere Zielgruppe. Methoden sind wichtig – aber der Prozess und seine Verfahrensarchitektur ebenso, um auch die einzelnen Methoden passend mit dem fachlichen Planungsprozess zu verzahnen. Und so können auch mal drei ganz klassische Bürger*innenveranstaltungen am Abend produktiver sein als ein gehypter Design-Thinking-Workshop – einfach, weil dadurch ein produktiver Prozess entsteht.

Neben der Vielfalt der Akteure und Anspruchsgruppen ist Vertrauen (in den Prozess und in die handelnden Akteure) von Bedeutung. Die Methodenvielfalt zeigt sich daher auch in der Kombination von offenen und geschlossenen Formaten. Wir starten beispielsweise mit einem offenen Online-Brainstorming und gehen dann in halbgeschlossene oder geschlossene digitale oder analoge Formate, in denen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich wird. Aber auch hier achten wir auf Vielfalt, wenngleich es herausfordernd ist, die gesamte Heterogenität der Perspektiven innerhalb der Bevölkerung oder der Mitarbeiterschaft in einem kleineren, geschlossenen Format (zum Beispiel einer Planungswerkstatt) abzubilden. Wir arbeiten deshalb mit zielgruppenspezifischer Ansprache und Kommunikation und schauen, wo wir schwer erreichbare Zielgruppen finden können. Im oben genannten Prozess waren das beispielsweise Menschen im Außendienst, bei der Müllabfuhr etc. – das war natürlich herausfordernd.

Foto von Dr. Oliver Märker

Dr. Oliver Märker ist Gründer und Geschäftsführer der Zebralog GmbH. Er studierte Geographie, Soziologie und Psychologie in Bonn und promovierte beim Fraunhofer Institut IAIS und der Universtität Oldenburg zum Thema Online-Mediation.

Dr. Oliver Märker
Geschäftsführer
Zebralog GmbH

Foto von Katja Fitschen

Neben der Konzeption und Durchführung von crossmedialen Beteiligungsverfahren leitet Katja Fitschen das Online-Team im Berliner Büro. Sie hat Sozial- und Verwaltungswissenschaften in Bielefeld, Sevilla und Potsdam studiert.

Katja Fitschen
Teamleiterin
Zebralog GmbH

Den Praxisleitfaden kaufen

Den Praxisleitfaden erhalten Sie überall dort, wo es gute Bücher gibt

Screenshot von Praxisleitfaden zu menschzentrierter Digitalisierung
Menschzentrierte Digitalisierung

Praxisleitfaden kaufen

Den Praxisleitfaden erhalten Sie überall dort, wo es gute Bücher gibt. Alternativ können Sie das Buch auch direkt beim Verlag bestellen.

Praxisleitfaden bestellen

Unser Praxisleitfaden

Menschzentrierte Digitalisierung

line
Prof. Dr. Simon Nestler

Persönliche Mitgliedschaften

line
Nestler UUX Consulting GmbH

Mitgliedschaften

line