Welche Rolle spielen die Prinzipien der menschzentrierten Gestaltung aktuell bei der Bereitstellung eines Social Intranets in Kommunen – und welche zukünftigen Entwicklungen sind aus Ihrer Sicht absehbar?
Die menschenzentrierte Gestaltung wird immer wichtiger – die Bedeutung und das Bewusstsein hierfür steigen immer mehr. Ein limitierender Faktor dieser Entwicklung ist das Budget – das steht eigentlich immer noch an erster Stelle. Aber direkt danach kommt die Frage, welchen Mehrwert wir den Benutzern und Benutzerinnen bieten können. Das lässt sich sowohl in Kommunen als auch bei größeren Konzernen beobachten: Der Mensch steht im Fokus – das war lange so nicht der Fall.
(...) DIN-Normen sind häufig nicht in der vollständigen Bandbreite bekannt bzw. werden nicht vollumfänglich beherrscht.
Markus KamminEin weiteres wichtiges Thema im Wandel ist die Barrierefreiheit und auch insgesamt das Thema der Ergonomie. In der Vergangenheit hatte ich lange das Gefühl, dass das eine Vorgabe ist, die man notgedrungen berücksichtigt hat. Jetzt langsam merke ich, dass die Verantwortlichen wirklich darauf achten und sich die wichtige Frage stellen: Wie können Menschen das tatsächlich benutzen? Aber natürlich gibt es manchmal noch kulturelle Hürden, und es wird gefragt, warum Zeit und Geld investiert werden sollen. Tatsächlich ist das gar nicht unbedingt eine kleine Minderheit, denn es sind ja auch Menschen von temporären Einschränkungen betroffen. Das kennt man doch vielleicht selbst: Ein eingegipster Arm – schon profitieren wir davon, wenn die Webseite sich auch ohne Maus problemlos verwenden lässt. Barrierefreiheit ist somit einer der ersten Punkte, die angesprochen werden. Das Ziel sollte immer sein, dass alle Kunden und Kundinnen berücksichtigt werden. Wir brauchen einen offenen Austausch mit Kunden und Kundinnen und eine offene Gesprächskultur. Wir müssen Zielgruppen einbeziehen – zum Beispiel Menschen mit visueller Einschränkung. Und natürlich ist auch Research auf fachlicher Ebene von Bedeutung, denn Barrierefreiheit ist auch ein technisches Thema. Hier müssen wir uns mit Entwicklern und Entwicklerinnen und Designern und Designerinnen austauschen.
Beim Thema User Research haben wir bei Behörden gemischte Erfahrungen gemacht. Im behördlichen Kontext dauert es einfach lange, Dinge umzusetzen. Dabei hat die interne IT oft Einwände, beispielsweise beim Thema Sicherheit. Gerade aber bei Behörden ist natürlich die Barrierefreiheit wichtig – hier gibt es ja Auflagen und Verordnungen.
Dabei sollte betont werden, dass alle Benutzer*innen profitieren können. Die richtigen Kontrastwerte beispielsweise sind für alle relevant. Oder Schriftgrößen: Da macht es ja schon einen Unterschied, wie alt die Benutzer*innen sind. Die Frage ist also immer: Wer ist die Zielgruppe? Und in der Umsetzung müssen wir dann die Funktionalität vor der reinen Ästhetik verteidigen – das Argument es sieht dann nicht mehr so schön aus höre ich oft. Softwareergonomie ist aber insbesondere im Alltag der Agenturen insgesamt nicht ganz so präsent, und auch die DIN-Normen sind häufig nicht in der vollständigen Bandbreite bekannt bzw. werden nicht vollumfänglich beherrscht. Viele wissen nicht mal, dass es gesetzliche Vorgaben gibt.
Der öffentliche Sektor kann noch viel von Unternehmen lernen: das agile Arbeiten beispielsweise. Es sollte auch mehr in Bedürfnissen gedacht werden: lieber in User Storys denken als in Anforderungsprotokollen. Unternehmen kennen die Benutzer*innen, Bedürfnisse und Probleme – und die Entwicklungsgeschwindigkeit und Qualität ist deutlich höher. Im öffentlichen Sektor entstehen Wünsche oft auf der Basis des Status quo. Das wahre Problem wird oft erst auf halber Strecke erkannt. Das erzeugt Frust! Wir versuchen deswegen, direkt am Anfang in den Dialog zu treten und Menschen zu überzeugen. Ehrlich und ohne versteckte Agenda.
Als studierter Kommunikationdesigner, bin ich nach langer Agenturzeit im Markenbereich vor 4 Jahren zu COYO gekommen. Seit dem verfolge ich das Ziel allen Menschen die in Kontakt mit COYO kommen die bestmögliche User Experience zu bieten.
Den Praxisleitfaden erhalten Sie überall dort, wo es gute Bücher gibt
Den Praxisleitfaden erhalten Sie überall dort, wo es gute Bücher gibt. Alternativ können Sie das Buch auch direkt beim Verlag bestellen.