Interview

Antonio Arcudi

Wie lassen sich die Formate der digitalen und analogen Bürger*innenbeteiligung in Projekte zur menschzentrierten Digitalisierung von Verwaltungsabläufen integrieren?

Es gibt zunächst einmal noch einen großen Unterschied im Verständnis von Digitalisierung: Für manche bedeutet es, dass sie ihren Personalausweis online beantragen können. Andere meinen mit Digitalisierung smarte Ampeln oder eine intelligente Beleuchtung. Es gibt also ganz verschiedene Schwerpunkte.

Bürger*innen­be­tei­li­gung, die analog und digital stattfinden kann, ist wichtig, weil sie allgemein zu einer Steigerung der Qualität von politischen Ergebnissen führt.

Antonio Arcudi
Empfehlungen für die Praxis

Bürger*innenbeteiligung, die analog und digital stattfinden kann, ist wichtig, weil sie allgemein zu einer Steigerung der Qualität von politischen Ergebnissen führt. Dadurch kann sie die Objektivität von Politik unterstützen – und damit steigert sich auch die Legitimität von Politik. Zudem sind Bürger*innen Alltagsexpert*innen – es lässt sich dort Wissen abschöpfen und es werden Konflikte früh aufgedeckt. Insgesamt lässt sich die Zufriedenheit von Bürger*innen messen – und steigern.

Wichtig in dem Prozess ist die Aktivierung der Bürger*innenschaft. Dazu gehört dann auch eine zielgruppenspezifische Ansprache. Teilweise müssen wir die Menschen in ihrem eigenen Lebensumfeld abholen – beispielsweise mit dem klassischen Stand auf dem Marktplatz. Dort müssen wir deutlich machen, dass die Bürger*innen immer die Betroffenen sind und – schließlich ist das ja immer auch eine zusätzliche Aktivität in der Freizeit – sie merken, dass sich die Beteiligung lohnt. Mindestens müssen hier die Ergebnisse irgendwo transparent kommuniziert werden. Und natürlich müssen wir in dem Prozess inklusiv denken und dafür Sorge tragen, dass alle Bürger*innen an dem jeweiligen Beteiligungsprozess teilhaben können. Das schließt beispielsweise auch mit ein, dass bei Vor-Ort-Veranstaltungen der Bedarf an Gebärdendolmetscher*innen abgefragt sowie auf barrierefreie Veranstaltungsräume geachtet wird. Für das Digitale bedeutet es, barrierefreie Plattformen zur Verfügung zu stellen, sodass zum Beispiel auch sehbehinderte Personen die Inhalte erfassen und sich beteiligen können. Politiker*innen können durch Feedback ihre Zielgruppe und ihr Verständnis von dieser vergrößern.

Natürlich können Verfahren der Bürger*innenbeteiligung auch einen Bias haben, der sich nicht vollständig ausräumen lässt. Das Ziel sollte aber immer sein, dass wir eine breite Meinungsvielfalt abbilden. Dazu müssen wir dann wirklich zielgruppenspezifisch handeln: Vor Ort beispielsweise engagieren sich tendenziell ältere Menschen. Da müssen wir teilweise mit verschränkten Formaten arbeiten und gezielt mit digitalen Angeboten die Breite erweitern. Ansonsten lässt sich durch eine einfache Sprache oder durch die Mehrsprachigkeit – mindestens Englisch sollte angeboten werden – die Zielgruppe erweitern. Aber wir müssen auch Leute an die Hand nehmen, auf Menschen zugehen oder gezielt, beispielsweise über den Ausländer*innenbeirat, Teilnehmer*innen suchen.

Insgesamt ist Aktivierung ein langer Prozess, von dem keine schnellen Ergebnisse erwartet werden sollten. Die Kultur der Beteiligung muss sich erst etablieren. Der Erfolg hängt dann auch vom Willen und vom Budget ab.

Foto von Antonio Arcudi

Antonio Arcudi ist Teamleiter des Bereichs Bürgerbeteiligung bei der wer denkt was GmbH. 2014 beendete er sein Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften und der internationalen Studien. Zuvor arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Forschungsprojekt zu Diskursen.

Antonio Arcudi
Teamleiter Bürgerbeteiligung
wer denkt was GmbH

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