Interview

Arkadius Michalak

Wie gelingt es der DB Systel, die Usability der verschiedenen in Betracht kommenden Softwarelösungen in dem Ausschreibungsprozess mit ausreichendem Gewicht zu berücksichtigen?

Als Digitalpartner der Bahn ist es eine zentrale Aufgabe, unsere Partner im DB-Konzern bei der Ablösung von Softwareprodukten zu unterstützen. Hierzu nutzen wir hauptsächlich ein Vertriebs- und Vertragsmanagement. Im Bereich der Usability und Softwareergonomie stehen für uns die Arbeitsabläufe im Fokus; diese Arbeitsabläufe werden dabei stets stark durch eine historisch gewachsene Tool-Landschaft geprägt. Usability hat für uns damit immer zwei Dimensionen: Einerseits gilt es zu verstehen, wie die Benutzer*innen mit dem bisherigen System arbeiten, und andererseits müssen wir ein Verständnis dafür entwickeln, wie eine optimale Unterstützung des jeweiligen Arbeitsprozesses aussieht.

Wichtiger als die visuelle Gestaltung ist, dass die Software bestmöglich zum Geschäftszweck und zu den Aufgaben der Mitarbeiter*innen passt.

Arkadius Michalak
Empfehlungen für die Praxis

Der Beschaffungsprozess von Software beginnt für uns daher immer mit Interviews. In der Regel clustern wir die Benutzer*innen dabei nach konkreten Anforderungsgruppen wie beispielsweise Kundenmanager*innen, Vertragsmanager*innen, Marketingverantwortliche etc. Das Interview hat dabei in der Regel mehrere Schwerpunkte: Was bewegt die Menschen? Was funktioniert mit dem bestehenden System gut? Was weniger gut? Aus diesen Informationen leiten wir im nächsten Schritt Kriterien ab, die dann in unserem Beschaffungsprozess berücksichtigt werden. Eine große Herausforderung ist dabei die entsprechende Priorisierung der einzelnen Kriterien. Einzelne Beschäftigte, aber auch einzelne Abteilungen haben nach unserer Wahrnehmung vielfältige Partikularinteressen; eine klare Priorisierung gelingt daher typischerweise nur durch Einbindung des Managements.

Im Bereich der Softwareergonomie spielt die Gestaltung der Oberfläche dabei eine wichtige, aber nicht die wichtigste Rolle. Noch wichtiger als die visuelle Gestaltung ist, dass die Software bestmöglich zum Geschäftszweck und zu den Aufgaben der Mitarbeiter*innen passt. Diese Aufgabenangemessenheit – wie diese Anforderung in der DIN EN ISO 9241-110 genannt wird – ist besonders wichtig, da der Erfolg einer Software davon abhängt, dass sie in der Praxis erfolgreich genutzt wird: Damit beispielsweise ein CRM-System den größtmöglichen Mehrwert für das Unternehmen liefert, ist die Ausführlichkeit der von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hinterlegten Informationen ganz zentral.

Die Primärziele eines Unternehmens lassen sich aus unserer Sicht nur mit guter Usability erreichen. Eine umfassende Dokumentation von Terminen in einem CRM-System lässt sich beispielsweise weder anordnen noch im Sinne einer Qualitätskontrolle sinnvoll prüfen. Unsere Aufgabe ist es daher, sowohl während des Beschaffungsprozesses als auch während des Betriebs der Software darauf zu achten, diese Aspekte kontinuierlich zu verbessern. Wenn mobile Nutzung an Bedeutung gewinnt, dann müssen die Anwendungen das unterstützen. Wenn Spracheingabe inzwischen in vielen Bereichen zum Standard gehört, muss diese auch mit unserem System möglich sein. Das hört sich einfach an, ist in der Praxis aber eine komplexe Abwägung zwischen der Kostenperspektive seitens des Controllings und der Nutzenperspektive seitens der Anwender*innen.

Meine Vision ist, dass wir im Bereich der Usability für diese Kosten- und Nutzenabwägung zukünftig eine noch bessere Datengrundlage verwenden können. Im Moment bewerten wir die Usability ausschließlich über die Nutzungsintensität – indem wir die Menge an freiwillig hinterlegten Daten quantifizieren. Wir messen aktuell jedoch noch nicht, wie sich konkrete Verbesserungen des Nutzungsprozesses, also bessere Erinnerungen, informativere Pop-ups oder nahtlosere Integration mit Drittanwendungen, auf die drei Dimensionen der Usability (Effektivität, Effizienz und Zufriedenstellung) auswirken. Bei einer stärkeren Fokussierung auf Effizienz und Zufriedenstellung muss dabei auch frühzeitig der Betriebsrat ins Boot geholt werden, um eventuell existierende Bedenken bzgl. Effizienz und Zufriedenstellung wirkungsvoll adressieren zu können.

Foto von Arkadius Michalak

Vor der Aufgabe als Sales Governance Owner war Herr Michalak als Leiter KAM für den Bereich Transport und Logistik bei der DB Systel GmbH tätig. Zuvor arbeitete er im Architekturmanagement der DB Cargo AG. Dafür brachte er Erfahrung aus Tätigkeit als IT-Offizier der Bundeswehr und u.a. als CISO mit.

Arkadius Michalak
Sales Governance Owner
DB Systel GmbH

Den Praxisleitfaden kaufen

Den Praxisleitfaden erhalten Sie überall dort, wo es gute Bücher gibt

Screenshot von Praxisleitfaden zu menschzentrierter Digitalisierung
Menschzentrierte Digitalisierung

Praxisleitfaden kaufen

Den Praxisleitfaden erhalten Sie überall dort, wo es gute Bücher gibt. Alternativ können Sie das Buch auch direkt beim Verlag bestellen.

Praxisleitfaden bestellen

Unser Praxisleitfaden

Menschzentrierte Digitalisierung

line
Prof. Dr. Simon Nestler

Persönliche Mitgliedschaften

line
Nestler UUX Consulting GmbH

Mitgliedschaften

line