Episode 1

Was ist menschzentrierte Digitalisierung?

Häufig betrachten wir Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung noch als etwas, das irgendwie separat statt findet: Dort die Digitalisierung - und hier die echte Arbeit mit den Menschen in unserem Land. Das kann nicht funktionieren.

Der Ansatz für die öffentliche Verwaltung lautet: Mithilfe der jeweils passenden Methode integrieren wir unsere Mitmenschen in die Prozesse. Sowohl die Menschen, die in unseren Behörden arbeiten, als auch die Menschen, die unsere Behörden aufsuchen. Das ist menschzentrierte Digitalisierung.

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Meine Damen und Herren, die öffentliche Verwaltung hat ein Problem. Wir wollen digitalisieren, aber wir wissen nicht, wie das gelingen kann. Natürlich sind wir nicht untätig. Aber tun wir auch das Richtige? Häufig betrachten wir Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung noch als etwas, das irgendwie separat stattfindet. Dort die Digitalisierung und hier die echte Arbeit mit den Menschen in unserem Land. Das kann nicht funktionieren. Unsere drei größten Probleme dabei sind: Erstens betrachten wir Digitalisierung noch zu häufig als ein primär technologisches Problem. Zweitens betrachten wir Digitalisierung als Aufgabe der Expertinnen und Experten in Digitalministerien oder IT-Abteilungen. Und drittens entwickeln wir unsere digitalen Lösungen auch im Jahr 2022 viel zu häufig ohne diejenigen, die eigentlich davon profitieren sollten. Mal ehrlich: Wir digitalisieren den öffentlichen Sektor doch schon seit ungefähr 40 Jahren. Warum sehen wir dann so wenig davon? Warum haben viele Bürgerinnen und Bürger den Eindruck, Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland läuft nicht? Früher bedeutete Digitalisierung, ihnen einen Computer mit Röhrenbildschirm und Diskettenlaufwerk ins Amt zu stellen. Seitdem hat sich viel getan: Und damit meine ich nicht, dass es inzwischen Flachbildschirme, mobile Geräte und die "Cloud" gibt. Nein, sondern eine moderne öffentliche Verwaltung setzt das um, was Ben Shneiderman schon vor ungefähr 20 Jahren erkannt hat: Das alte Computerzeitalter beschäftigt sich damit, was Computer tun können. Das neue Computerzeitalter beschäftigt sich damit, was Menschen erreichen können. Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Digitalisierung ist ein Werkzeug. Diese Erkenntnis verbreitet sich erfreulicherweise auch in den Behörden. Doch die richtige Denkweise alleine genügt nicht. Wir müssen nun handeln. Wir müssen Menschen und ihre Bedürfnisse konsequent ins Zentrum stellen. Die christliche Nächstenliebe fordert von uns: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Was bedeutet das im Kontext der Digitalisierung? Wir müssen die Bedürfnisse unserer Mitmenschen ernst nehmen. Wir müssen also unseren Mitmenschen die bestmögliche Software zur Verfügung stellen. Im Rahmen meiner Beratungstätigkeit begegne ich in Behörden häufig zwei unterschiedlichen Herausforderungen. Die einen Menschen finden die von ihnen verantwortete Software "total super". Sobald wir uns dann jedoch Schritt für Schritt durch die Software arbeiten, wird klar, dass die Verantwortlichen ihre Software eigentlich gar nicht ganz so gut kennen und auch überhaupt nicht bedienen können. Die anderen Menschen beherrschen die von ihnen betreute Software bis ins letzte Detail und kennen jeden einzelnen Button. Sie geben offen zu, dass die Software an vielen Stellen große Schwächen hat. Sie können sich nicht im Entferntesten vorstellen, jeden Tag damit acht Stunden arbeiten zu müssen. Wenn wir also menschzentriert digitalisieren wollen, dann brauchen wir drei Dinge: Erstens brauchen wir Metriken, um ein realistisches Bild davon zu bekommen, wie gut sich die Software in der Praxis nutzen lässt. Zweitens brauchen wir Prozesse, um unserem Ziel - eine in der Praxis nutzbare Software . Schritt für Schritt näher zu kommen. Und drittens brauchen wir Methoden, damit wir die richtigen Dinge messen und die hohe Komplexität der Prozesse beherrschbar machen. Wir haben im letzten Jahr mit rund 70 Expertinnen und Experten aus der öffentlichen Verwaltung gesprochen. Darunter waren auch acht CIOs aus den Ländern. Unsere Fragen waren beispielsweise: Wo stehen wir in Bezug auf die menschzentrierte Digitalisierung heute? Welche Metriken, Prozesse und Methoden funktionieren in der Praxis? Und: Welche Schritte sollte jede Behörde in 2022 nun unbedingt ergreifen? Das Ergebnis aus diesen Gesprächen ist unser Praxisleitfaden zur m,enschzentrierten Digitalisierung des öffentlichen Sektors, der Mitte März bei Springer Gabler erscheinen wird. Dieser Praxisleitfaden enthält eine einfach umsetzbare Sechs-Punkte-Vorgehensweise für den öffentlichen Sektor. Erstens müssen wir uns mit der Effektivität von Software beschäftigen. Zweitens müssen wir uns fragen, wie effizient die digitalen Prozesse wirklich sind. Drittens müssen wir uns mit der Gebrauchstauglichkeit der digitalen Lösungen beschäftigen. Viertens müssen wir die ästhetische Ausgestaltung der Anwendung adressieren. Fünftens müssen wir uns mit den digitalen Erlebnissen auseinandersetzen. Und schließlich müssen wir uns sechstens auch den Services der Behörden widmen. Wir gehen also weg von verlockenden Übervereinfachungen. Wir gehen weg von den OZG Service-Standards und OZG Prinzipien und OZG Dashboards. Denn uns interessiert nach 40 Jahren nicht mehr, wie viele Services unser Bundesland digital anbietet. Uns interessiert, ob unsere digitalen Angebote die sechs Prinzipien erfüllen. Denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Wir brauchen menschzentrierte Qualität statt quantifizierten Digitalisierungsaktionismus. Der Ansatz für die öffentliche Verwaltung lautet: Mithilfe der jeweils passenden Methode integrieren wir unsere Mitmenschen in die Prozesse. Sowohl die Menschen, die in unseren Behörden arbeiten, als auch die Menschen, die unsere Behörden aufsuchen. Das, meine Damen und Herren, ist menschzentrierte Digitalisierung.

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